Ich weiß noch genau, ich war vielleicht fünf Jahre alt, da hab ich mir von Mutter einen
Strumpf über den Kopf gezogen, bin damit runter zur Milchfrau und hab gebrüllt, Fruchtjoghurt
oder Leben. Sie haben mich zur Strafe den ganzen Tag in mein Zimmer gesperrt, haben die Vorhänge
zugezogen, die Glühbirne aus der Fassung geschraubt und mich mit der Dunkelheit und einer Fliege,
die da irgendwo zwischen Vorhang und Fenster herumlärmte, alleingelassen. Ich hab mich
hingesetzt und hab begonnen aus meinen Träumen einen Turm zu errichten, einen Turm bis zum
Himmel hoch. Und ich und meine Freunde, der Franz, der Jakob, der Thomas und auch die kleine Ildi,
wir zogen durch die Straßen und riefen alle Kinder der Welt zusammen und luden sie ein,
mit uns in den Turm zu ziehen. Ja, und das taten sie danach. Und wir sprachen alle die gleiche
Sprache, lebten in Frieden, waren frei und glücklich bis zum Himmel hoch und niemand
konnte uns stören dabei, denn vor *** großen Eingangstor war eine gewaltige, feuerspeiende
Fliege postiert, die uns beschützte. Und ich weiß noch genau, plötzlich polterte mein Vater
ins Zimmer mit seinen schwarzen, schweren Schuhen, die er immer trug. Er riss die Vorhänge auf,
schraubte die Glühbirne in die Fassung, er schlug die Fliege und rief, ausgeträumt, mein Sohn, raus.
Da fiel mein Turm in sich zusammen und alle Kinder der Welt waren wieder wie auf einen Schlag über
die ganze Erde zerstreut und keiner verstand mehr die Sprache des Anderen. Und ich ging runter auf
die Straße, traf dort den Franz, den Jakob, den Thomas und die kleine Hildi und erzählte ihnen
meine Traumgeschichte. Und an diesem Nachmittag beschloss der Franz nicht Verhaltensforscher,
sondern Ziegehersteller, der Jakob nicht mehr Astronaut, sondern technischer Zeichner zu werden,
der Thomas beschloss, Architektur zu studieren, die kleine Hildi wollte sowieso immer Maurer
lernen und ich beschloss, ganz einfach Träumeerzähler zu werden. Und wir schworen uns hoch und heilig,
bald, sehr bald bauen wir einen Turm. Einen Turm bis zum Himmel hoch.
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