Ich sehe mich sitzen zwischen den Erlen unten am Bach,
fülle einen Eimer mit grauer Ton Erde,
was ich nicht soll,
schleppe den Eimer nach Haus in den Ziegenstall,
was ich nicht darf,
versuche ohne mich schmutzig zu machen,
was ich nicht kann,
den Ton zu kneten,
daraus ein Tier zu formen,
von *** ich nichts weiß.
Ich denke an einen Büffel,
der stark ist,
mutig und schön.
Ich selber bin oft sehr ängstlich und finde mich hässlich und klein.
Diesen Hunger, diese Gier,
nach Schönheit,
Liebe,
nach *** Leben,
spüre ich heute noch
in mir,
ungebrochen,
ungestillt,
so ist mir als Kraft gegeben,
was oft nur als Schwäche
gilt.
Ich rolle vier Würste, das sind die Beine,
und setze darauf den Rumpf,
forme den Kopf,
überhastet und ohne Plan.
Das Gebilde knickt ein in den Knien und ähnelt so mir einem Schwein.
Ich schwitze,
und in Kleidern und Haaren trocknet der Dreck.
Ich biege aus feinem Draht ein Skelett und beginne von vorn.
Die Figur bleibt stabil.
Sie wirkt aber plump, irgendetwas ist falsch.
Sie erschöpft auf den Boden und weiß keinen Rat.
Diesen Hunger,
diese Gier,
nach Schönheit,
Liebe,
nach *** Leben,
spüre ich heute noch
in mir,
ungebrochen,
ungestillt,
so ist mir als Kraft gegeben,
was oft nur als Schwäche
gilt.
In der Ecke meckert der Ziegenbock.
Lange betrachte ich ihn.
In seinen Bewegungen,
*** Verhältnis von Gliedern und Rumpf,
finde ich etwas von einem Büffel.
Nur eine Idee.
Nun wächst aus vier schlanken,
kräftigen Beinen wieder ein Tier.
Der wuchtige Nacken,
der kleine,
gehörnte Kopf,
tief gesenkt,
die breite,
zottige Brust,
der Schwanz mit der Quaste dran.
Diesmal ist es ein Büffel,
ein Bild der Schönheit und der Kraft.
Ich
denke an meinen Vater,
wenn der abends nach Hause kommt und die Mutter sagt,
war es
schwer, komm, setz dich und iss.
Oft ziehe ich ihm zu dabei,
mag seinen Geruch nach Erde
und Schweiß.
Auch meine Arbeit war schwer.
Ich betrete die Küche, bin stolz.
Die Mutter
sagt, wie siehst du aus, deine Hose, das Hemd.
Die Schläge treffen nur meinen Rücken.
Ich bücke mich tief,
versuche den Büffel zu schützen und nur ein Hinterbein bricht ab.
Diesen Hunger, diese Gier,
nach Schönheit,
Liebe,
nach *** Leben spüre ich heute noch
in mir.
Ungebrochen,
ungestillt,
so ist mir als Kraft gegeben,
was oft nur als Schwäche gilt.
Ich verstecke den Büffel unter *** Bett und schlafe nicht gleich.
Morgen zeige ich ihn ***
Lehrer,
der hat uns erzählt,
schon Urmenschen hätten aus Tonfiguren und Töpfe geformt.
Er wird
sich den Büffel ansehen und sagen,
sehr gut gemacht.
Nebenan höre ich die Mutter, wie sie
zum Vater sagt,
was soll aus *** Jungen bloß werden.
Er liest nur den ganzen Tag,
dabei lutscht
er noch am Daumen und immer ist er schmutzig.
Diesen Hunger, diese Gier,
nach Schönheit,
Liebe,
nach *** Leben spüre ich heute noch in mir.
Ungebrochen,
ungestillt,
so ist mir als Kraft gegeben,
was oft nur als Schwäche gilt.
Ich
wickele am nächsten Morgen den Büffel in Zeitungspapier.
Meine Mitschüler prügeln mich gerne und neulich haben sie
mich gepackt und meinen Daumen in frischen Kugeln gesteckt.
Darum nehme ich heute den Umweg und klettere über den Zaun,
durchquere den Wald,
die Wiese und
springe dann über den Bach.
Ich rutsche aus und stürze,
der Büffel fällt mir aus der Hand,
ich fische ihn aus *** Wasser.
Es regnet,
ich komme zu spät.
Diesen Hunger, diese Gier,
nach Schönheit,
Liebe,
nach *** Leben spüre ich heute noch
in mir.
Ungebrochen,
ungestillt,
so ist mir als Kraft gegeben,
was oft nur als Schwäche gilt.
Ich klopfe an, betrete die Klasse,
alles lacht.
Einer schreit,
diese Pottsau wühlt schon wie sein
Alter im Dreck.
Der Lehrer sagt,
schon wieder,
Hans,
der Träumer,
wo kommst du her?
Ich will etwas
sagen,
kann aber nicht,
ich habe es nicht gelernt.
Wenn mich etwas stark angreift, kann ich nie
sprechen, bis heute noch nicht richtig.
Nicht unfreundlich,
sagt der Lehrer,
nun wirf die
Drecklumpen weg.
Ich duche mich in meine Bank,
durchnässt und friere im Traum.